Vertiefung

Physikalische Sachverhalte können aus der Sicht verschiedener Bezugssysteme beschrieben werden:

Es ist es legitim, einen physikalischen Sachverhalt aus der Sicht eines beliebigen Beobachters heraus zu beschreiben, denn schließlich kann dieses Beobachtungsergebnis in jedes andere Bezugssystem transformiert werden. Dennoch gibt es Bezugssysteme, in denen physikalische Phänomene leichter verständlich werden als in anderen.
Nehmen wir z.B. ein sog. Inertialsystem, ein System, das sich mit konstanter Geschwindigkeit in eine fest vorgegebene Richtung bewegt, dabei darf die Geschwindigkeit auch als Null gedacht werden. In diesem System, wir denken z.B. an einen Eisenbahnwagen, wird ein Reisender, sofern keine Kraft auf ihn einwirkt, ohne Veränderung auf diesem Sitz sitzen bleiben. Bremst der fahrende Zug jedoch plötzlich, so wird u.Umständen die sitzende Person vom Sitz geschleudert, ohne dass sie irgend eine Krafteinwirkung erkennen kann. Sie befindet sich jetzt nicht mehr in einem Inertialsystem, sondern in einem beschleunigtem System, in welchem der vorher beschriebene Trägheitssatz nicht mehr zutrifft. Dass man auf einem Stuhl nur sitzen kann, wenn man sich in diesen hineinstemmt, wie es im beschleunigten System der Fall sein kann, ist für uns nicht so einfach zu verstehen.


Um aber Naturvorgänge besser zu verstehen, hat sich das Weltbild in der Geschichte immer wieder geändert.


Zunächst beobachtete man von der Erde aus, die als Zentrum der Welt angesehen wurde, dass sich die Sterne alle synchron um den sog. Himmelspol drehten und man staunte darüber, wie präzise diese doch in ihrer Bahn aufeinander abgestimmt waren. Dies ließ sich jedoch einfach verstehen, als man annahm, dass die Sterne still standen und sich einzig und allein die Erde um ihre Achse drehte.
Viele Jahre machten sich die Menschen Gedanken, wie sie die beobachteten Planetenschleifen erklären sollten, bis Tycho Brahe und Kopernikus den Vorschlag machten, die Planeten doch statt um die Erde um die Sonne kreisen zu lassen. Während Tycho Brahe jedoch die Erde nach wie als Zentrum der Welt ansah, plazierte Kopernikus die Sonne an deren Stelle und ließ auch die Erde wie die anderen Planeten die Sonne umrunden. In beiden Fällen erklärte sich die Schleifenbildung der Planeten wie von selbst.
Warum schwebten die Himmelskörper aber mitten im Raum und fielen nicht auf die Erde herunter? Newton konnte zeigen, dass zwei Körper trotz Massenanziehung in einem Kräftegleichgewicht verharren können, sofern sie einen gemeinsamen Schwerpunkt mit derselben Winkelgeschwindigkeit umrunden.Im Falle Sonne-Erde befindet sich dieser auf Grund der viel größeren Sonnenmasse nur etwa 450 km vom Sonnenmittelpunkt entfernt.Die Sonne konnte somit weiterhin näherungsweise als Weltzentrum betrachtet werden. Kopernikus hatte mit seinem Modell somit einen Vorteil gegenüber Tycho Brahe. Aus der Sicht des heliozentrischen Weltbildes ließen sich auch einfach die Aberration und die Fixsternparallaxe erklären; beide Phänomene beruhen auf der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne.
Schließlich erkannte man, dass die Sterne selbst Sonnen waren, dass über 100 Milliarden solcher Sonnen unsere Milchstraße bildeten und dass sie nicht still standen, sondern alle nach den Gesetzen der Gravitation sich in dieser Galaxie bewegten. Gleichzeitig wurden auch viele andere Galaxien im Weltall entdeckt. Wo aber liegt nun das Zentrum des Weltalls? Der Mittelpunkt unserer Milchstraße kann es kaum sein, da auch sie sich zusammen mit anderen Galaxien nach den Gesetzen der Gravitation in einem Galaxienhaufen bewegt, ähnlich wie die Sterne sich in einer Galaxie bewegen. Inzwischen glaubt man zu wissen, dass es viele solcher aus einzelnen Galaxien zusammengesetzte Haufen gibt, die wiederum gravitativ miteinander wechselwirken. Offensichtlich ist uns das Zentrum des Weltalls verlorengegangen.
Da im Raum alles in Bewegung zu sein scheint, blieb als einziger Ausweg, den Raum als absolute Größe so zu beschreiben, dass sein Koordinatensystem fernab aller Bewegung gedacht werden mußte.

Kommen wir nach diesem Exkurs zurück zum Hohlweltmodell. So wie es anfangs beschrieben wurde, gibt es den wissenschaftlichen Kenntnisstand des 17. Jahrhunderts wieder.


Das geozentrische Weltbild hat als ausgezeichneten Ort die Erde im Zentrum. Diese wird in der Innenwelttheorie zur Hülle des Weltalls. Die Raummetrik der Hohlwelttheorie ist jedoch nicht auf den Innenbereich der Erdkugel beschränkt, sondern gilt gleichermaßen auch außerhalb, wie wir am Beispiel der Erddurchbohrung sehen konnten. Demzufolge ist die Erdoberfläche keine notwendige Voraussetzung für diese andersartige Raumstruktur. Eine Transformation, die Innen mit Aussen vertauscht, kann an jeder Kugel durchgeführt werden, mit der Sonne genauso, wie mit der Erde oder auch an einer virtuellen Kugelschale.
Das Hohlerdemodell ist vergleichbar mit dem geozentrischen Weltbild des Ptolemäus. Um bereits die Planetenschleifen einleuchtend erklären zu können, müsste die Hohlerde durch eine Hohlsonne ersetzt werden, in deren Innerem die Planeten kreisen. Letztlich erweist es sich nicht mehr als sinnvoll, einen bestimmten Himmelskörper als "Hülle" des Alls festzulegen. Es genügt, folgende Raumstruktur zu Grunde zu legen:

1. Es gibt einen ausgezeichneten Punkt Omega (wir nennen diesen Bereich das Unendliche)

2. "Gerade" verlaufen als Kreislinien durch diesen Punkt

3. Längen verkürzen sich umso mehr, je näher sie am Punkt Omega liegen.

4. Die Geschwindigkeit eines kräftefreien Körpers verringert sich umso mehr, je näher sie bei Omega ist.

 

Diese Axiome erscheinen ungewohnt und konstruiert, zumal für den Beobachter sich dadurch keinerlei Veränderungen in der Naturbeschreibung ergeben. Sie sind so gewählt, dass weder die Längenveränderlichkeit noch die örtliche Abhängigkeit der Geschwindigkeit je erfahrbar würde. Für uns sind beide Beschreibungen somit als identisch anzusehen.

Weshalb sollten wir dann überhaupt eine komplizierte Beschreibung der Naturvorgänge anstreben, wenn es doch einfacher geht?

Selbstverständlich liegt es auf der Hand, hier die einfachere Beschreibungsform vorzuziehen. Diese Beschreibung gilt auch als die beste Form, die der menschliche Geist bisher gefunden hat.

Andererseits sind wir ein Teil der Natur und erfahren diese auch als Bestandteil dieser Natur und nicht etwa aus einer Sicht von außerhalb. Wir wissen eben nicht , wie die Natur an sich ist, sondern nur, wie sie sich uns präsentiert. Eine absolute Sicht von außen ist uns nicht gegeben.

Von daher ist es nicht ausgeschlossen, dass sich die Natur uns zwar einfach präsentiert, in "Wirklichkeit" aber komplizierter angelegt sein könnte. Sicher lässt sich nun einwenden, dass dieser Gedanke rein hypothetisch ist und keinerlei Auswirkung auf unser Leben hat. Dennoch lässt sich damit eines klar herausarbeiten:

Unsere Weltbilder sind stets Weltmodelle, sie sind zeitbezogen, tragen subjektiven Charakter und sind so unsicher wie jedes menschliche Wissen. Naturwissenschaftliche Modelle sind somit nicht als Realität an sich sondern als Modelle für diese Realität anzusehen.

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